2015 | Jahrestagungen

46. Jahrestagung in Berlin

Internationale Gäste und neue Formate:
Jahrestagung der Plastischen Chirurgen in Berlin

Berlin, 02.10.2015 – „Tradition und Innovation“ lautete das Motto der diesjährigen 46. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) und 20. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC), die vom 1. bis 3. Oktober 2015 in Berlin stattfand. Mehr als 900 Besucher interessierten sich für die 54 Symposien mit 391 Vorträgen, die 37 wissenschaftlichen Poster oder die 49 dreiminütigen „Science Slam“-Vorträge. Besonders gut wurde der neue Mitarbeitertag angenommen, auf dem Fachkräfte Neues zu Praxiskommunikation, Hygienemanagement oder der ärztlichen Gebührenordnung erfuhren.

Erschütternde Berichte von unfassbarem Leid
„Schartige Messer, manchmal ist es nur ein Dosendeckel, keine Betäubung, kein Erbarmen“, beschrieb Rüdiger Nehberg die drastischen Bilder weiblicher Genitalverstümmelung („Female Genital Mutilation“, FGM), die er in seinem Vortrag zur Kongresseröffnung präsentierte. Auch 15 Jahre nach Gründung seiner Menschenrechtsorganisation „Target“ machte Nehberg die Schilderung einer „pharaonischen Beschneidung“ zu schaffen: „Erwachsene drücken die Kleine zu Boden, der Schrei wird erstickt und ihr wird nun alles abgeschnitten – Klitoris und Schamlippen. Dann wird mit der Stopfnadel die Scheide zugenäht.“ Zum Urinieren bleibe nur ein kleines Loch offen. Eindrucksvoll schilderte Rüdiger Nehberg seinen Kampf gegen die rituelle Beschneidung, für den er einflussreiche muslimische Autoritäten gewinnen konnte. Die Künstlerin Fatou Diatta sowie die FGM-Aktivistinnen Evelyn Brenda und Amal Sheikh engagieren sich für das „Desert Flower Center“ in Berlin, in dem betroffene Frauen rekonstruktive Hilfe bekommen. Sie präsentierten den Plastischen Chirurgen weitere Einblicke in die komplexen sozialen Zusammenhänge.

Neue Formate überzeugten
„Unsere neuen Formate waren ein Erfolg“, freut sich Kongresspräsident Dr. Uwe von Fritschen (Helios-Klinikum Emil von Behring). „Die drei ,Science Slam‘-Sitzungen ermöglichten eine schnelle und kompakte Vorstellung neuer Forschungsergebnisse. Jeder Teilnehmer hatte nur drei Minuten Zeit. Anschließend wurde per TED-Abstimmung der jeweils beste Vortrag gekürt.“ Kongresspräsident Dr. Bernd Hartmann (Unfallkrankenhaus Berlin) lobte den neuen Ansatz des Mitarbeitertags: „Eine plastisch-chirurgische Abteilung funktioniert nur im Team. Ärzte, Pflegepersonal, medizinische Fachangestellte, Hygienemanagern – alle arbeiten zusammen. Unser Mitarbeitertag bot den Fachkräften unserer Mitglieder sehr konkrete Informationen zu Themen wie Hygienemanagement oder Praxiskommunikation.“

Internationale Top-Chirurgen
Auf große Resonanz stieß auch in diesem Jahr der OP-Kurs. „Durch gute Kontakte konnten wir internationale Top-Operateure gewinnen, die uns schwierige Problemfälle der Brustchirurgie und aktuelle Optionen der Gesichtsverjüngung präsentierten“, berichtet Dr. von Fritschen. „Auch sonst fanden viele internationale Gastredner den Weg nach Berlin, um hier Vorträge auf hohem Niveau zu halten.“ Neu waren zu Beginn jeder Sitzung die „State of the Art“-Vorträge, die einen kurzen Überblick über den derzeitigen Wissensstand zu dem jeweiligen Thema lieferten.

Neuer Präsident
Prof. Dr. Raymund E. Horch wurde von der Mitgliederversammlung zum neuen Präsidenten der DGPRÄC gewählt. Der Direktor der Plastisch- und Handchirurgischen Klinik am Universitätsklinikum Erlangen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg betonte, dass der Wettbewerb in der Zukunft härter werde. Man müsse daher in Zukunft die exzellente Forschung stärken und nach außen besser darstellen. Neuer Vizepräsident ist nun Prof. Dr. Riccardo Giunta (Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München), Sekretär bleibt Prof. Dr. Lukas Prantl (Universitätsklinikum Regensburg), Schatzmeisterin Frau Dr. Eva-Maria Baur (Praxis für Plastische Chirurgie und Handchirurgie Murnau).

Ehrenmitglieder
Die DGPRÄC verlieh 2015 die Ehrenmitgliedschaft an Prof. Dr. Peter Eckert und Prof. Dr. Giulio Ingianni. Prof. Eckert baute ab 1980 die Plastische Chirurgie an der Chirurgischen Universitätsklinik Würzburg auf und leitete sie bis 1998. 1992 wurde die Handchirurgie mit Replantationszentrum integriert. 1998 gründete er eine Praxis für Plastische und Ästhetische Chirurgie innerhalb einer Praxisklinik. Prof. Eckert war für die Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen (heute DGPRÄC) in verschiedenen Ämtern tätig. Er war 1990 bis 1995 Sekretär der Gesellschaft, 1997 bis 1999 Vizepräsident und 1999 bis 2001 Präsident. Außerdem leitete er das Versicherungs-Referat und vertrat die DGPRÄC in europäischen Institutionen wie in der UEMS/EBOPRAS.

Prof. Ingianni leitete von 1990 bis 2002 als Direktor die Klinik für Plastische und Handchirurgie im Ferdinand-Sauerbruch-Klinikum in Wuppertal und war in Lehre und Forschung bei der medizinischen Klinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf tätig. Anschließend war er Direktor der Klink für Plastische- und Handchirurgie, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie am Helios-Klinikum Wuppertal. Von 1997 bis 2000 leitete Prof. Ingianni den Beirat Mikrochirurgie der Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen (heute DGPRÄC). Von 2000 bis 2005 war er als Sekretär tätig. Seit 1991 unternahm er mehrere Einsätze mit „Interplast Germany“, die unentgeltlich plastisch-chirurgische Operationen in Entwicklungsländern vornimmt. Dabei fuhr er unter anderem nach Pakistan, Bangladesch, Vietnam, Burma und Armenien.

Dieffenbach-Medaille
„Plastische Chirurgie in Entwicklungsländern – humanitäre Aufgabe und wissenschaftlicher Anspruch“ lautete der Titel der traditionellen Dieffenbach-Vorlesung. Priv.-Doz. Dr. Klaus Exner, Empfänger der diesjährigen Dieffenbach-Medaille, ging darin auf seine Erfahrungen mit „Interplast Germany“ ein. Dr. Exner war ab 1980 am Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main tätig, dessen Leitung er 1994 übernahm. 2001 initiierte er am gleichen Haus ein Brustzentrum, das 2004 als erstes Zentrum dieser Art in Frankfurt die Zertifizierung durch „Onkozert“ erhielt und heute als das größte im Rhein-Main-Gebiet gilt. 2001 bis 2003 war er Vizepräsident, 2003 bis 2005 Präsident der Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen (heute DGPRÄC), in der er zuvor bereits als Schatzmeister, später in verschiedenen Kommissionen tätig war. Besonderes Engagement zeigte Dr. Exner mit seinen regelmäßigen „Interplast Germany“-Einsätzen, die ihn unter anderem nach Indien, Paraguay und Ghana führten. Für diese Aufenthalte, bei denen oft über 100 Patienten in zwei Wochen operiert wurden, erhielt er 2004 den „Erika-Pitzer-Preis“ und 2005 das „Kronenkreuz der Diakonie in Gold“.

Wissenschaftliche Preise
Das von der Firma „Polytech Health & Aesthetics GmbH“ gestiftete Reisestipendium ging 2015 an Dr. Thomas Fuchsberger (BG Unfallklinik, Eberhard-Karls-Universität Tübingen). Der Assistenzarzt wird das Preisgeld in Höhe von 2500 Euro nutzen, um in Baltimore/USA die Technik der Dekompression peripherer Nerven an der unteren Extremität zu vertiefen. Mit seiner Habilitationsschrift „Die Rolle des Zytokins macrophage migration inhibitory factor (MIF) in der Wundheilung und seine Bedeutung als Biomarker für Schwerbrandverletzte“ erhielt PD Dr. Gerrit Grieb (Universitätsklinikum der RWTH Aachen) den Wissenschaftspreis der DGPRÄC. PD Grieb und seiner Arbeitsgruppe gelang es – in enger Kooperation mit dem Institut für Biochemie – zu zeigen, dass das Zytokin „MIF“ bei der Heilung von Wunden eine wichtige Rolle spielt und bei der Behandlung von Schwerbrandverletzten ein hohes Potential als Biomarker hat.

Der Posterpreis der Berliner Jahrestagung ging an Nenad L. Josipovic und sein Team (Markus-Krankenhaus Frankfurt/Main). Für das Poster „Rezidiv eines M. Paget 25 Jahre nach Mamillenrekonstruktion durch Nipple Sharing“ erhielten sie ein Preisgeld von 1000 Euro. Der Vortragspreis in Höhe von 1000 Euro wurde in diesem Jahr geteilt. Preisträger waren Dr. Timm Oliver Engelhardt und sein Team (Klinikum der Ludwig-Maximilians Universität München) mit ihrem Vortrag „Alternative oder Spiel mit dem Feuer: Radiofrequenz-Ablation karpaler Osteoid-Osteome“ sowie Dr. Nina Schwaiger und ihr Team (Dreifaltigkeits-Krankenhaus Wesseling) mit ihrem Vortrag „Bodycontouring – Was ist Evidence-Based?“.

Journalistenpreis
Dr. Nicola von Lutterotti erhielt den Journalistenpreis der Deutschen Plastischen Chirurgen. Der preisgekrönte Artikel „Anekdoten statt seriöse Studien“ erschien am 29. Oktober 2014 in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Der Preis ist mit 2000 Euro dotiert. „Die Autorin kritisiert völlig zu Recht, dass es in der ästhetisch-plastischen Chirurgie an harten Studien mangelt und kosmetische Eingriffe eher selten systematisch untersucht werden“, lobt DGPRÄC-Präsident Prof. Horch. Außerdem zeige sich der Artikel besorgt über den „Wildwuchs“ in der Ästhetik-Branche. Der oft beworbene „Schönheitschirurg“ sei keineswegs ein geschützter Titel und nicht mit der langjährigen Weiterbildung eines Facharztes für Plastische Chirurgie gleichzusetzen. Der Journalistenpreis geht ausschließlich an Printmedien.

Weiterbildungsstätte des Jahres
Zum achten Mal verliehen die Assoziierten Mitglieder der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) den Preis für die Weiterbildungsstätte des Jahres. In der Kategorie „Ab vier Assistenten in Weiterbildung“ ging der Preis an Prof. Dr. Henrik Menke, Chefarzt der Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie – Zentrum für Schwerbrandverletzte am Sana-Klinikum in Offenbach. In der Kategorie „Bis einschließlich drei Assistenten in Weiterbildung“ wählten die Assistenzärzte Dr. Ulrich Albers zum Gewinner, der als Chefarzt die Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie am Stiftungsklinikum Mittelrhein in Koblenz leitet.

Zusammenfassungen (Abstracts) sämtlicher Kongressvorträge finden Sie hier:
http://www.egms.de/dynamic/de/meetings/dgpraec2015/

Quelle: Pressemitteilung DGPRÄC, 2. Oktober 2015