1988 | Ehrenmitglieder

Ehrenmitgliedschaft Prof. Dr. med. Josef Schrudde

Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen vom 22.-25.09.1988 in Stuttgart.
Präsident Prof. Dr. G. Lemperle verleiht Prof. Dr. med. Josef Schrudde die Ehrenmitgliedschaft.

Laudatio:

„Meine sehr verehrten Damen und Herren,

anstelle des inzwischen obligaten berufspolitischen Rückblicks darf ich heute zwei verdienten Mitgliedern unserer Vereinigung die Ehrenmitgliedschaft antragen. Frau Prof. Dr. Ursula Schmidt-Tintemann, der großen Dame der deutschen plastischen Chirurgie, und Herrn Prof. Dr. Josef Schrudde, dem 1. Ordinarus für Plastische Chirurgie an einer deutschen Universität. Beide haben die Geschichte der deutschen Plastischen Chirurgie nach dem Kriege mitgeschrieben, beide sind Gründungsmitglieder dieser Vereinigung, beide haben während ihrer Präsidentschaft die Geschicke dieser Vereinigung gelenkt, und dem unermüdlichen Einsatz beider ist das heutige Ansehen der Plastischen Chirurgie in Deutschland zu verdanken. (…)

Herr Prof. Dr. Dr. Josef Schrudde studierte Medizin in Münster, München und Würzburg und promivierte 1944 in Zahnmedizin. Nach Krieg und Gefangenschaft beendete er 1948 das Medizinstudium und begann als chirurgischer Assistenzarzt im Sauerland, wechselte aber 1952 an die westdeutsche Kieferklinik in Düsseldorf, wo er 1955 habilitierte. Sein Lehrer Rehrmann schickte ihn 1959 nach Köln, um dort eine Abteilung für Plastische Chirurgie zunächst an der Universitäts-Hautklinik aufzubauen. 1970 wurde diese Abteilung die erste mit einem planmäßigen Professor besetzte selbständige Universitätsabteilung in Deutschland. Diese Abteilung wurde 1980 in den Neubau der Städtischen Krankenanstalten Köln-Merheim verlegt und um eine Abteilung für Schwerbrandverletzte erweitert.

Herr Schrudde emeritierte 1987 und übergab diese neue Abteilung seinem Nachfolger Herrn Spilker. Herr Schrudde ist ein unermüdlicher Lehrer und Forscher: er publizierte weit über 100 wissenschaftliche Arbeiten und hielt etwa doppelt so viele Vorträge. Die Einführung von Kunststoffschienen zur Behandlung von Kieferfrakturen galt als Standardmethode bis zur stabilen Plattenosteosynthese, eine angiographische Methode zur Darstellung von Kiefertumoren ermöglichte ein genaues Maß für die Resektion. Weitere Arbeiten befaßten sich mit der subperiostalen Osteotomie der Nase, der Behandlung von Decubitalulcera, einer neuen Methode der Mammaplastik und Rekonstruktion nach subcutaner Mastektomie aus deepithelisierten Dermisfettiappen sowie mit der Behandlung von Hämangiomen und des Lymphödems. Er hat sich weltweit einen Namen gemacht mit der von ihm 1955 inaugurierten primären Osteoplastik des Kieferbogens bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, weiterhin mit der 1963 erstmals publizierten Verschiebeschwenkplastik nach Schrudde, mit der inzwischen Tausende von Defekten nach Tumorentfernung oder Ulcerationen einfach und sicher verschlossen werden konnten. In vielen Artikeln über die Liposuction wird er als der Urvater zitiert, der bereits 1972 die von ihm so benannte Lipexhairese inaugurierte. Der unermüdliche Emeritus arbeitet z. Zt. an einem großen Werk über die plastische Chirurgie, das Ende dieses Jahres erscheinen soll.

1972 hat er die 3. Tagung unserer Vereinigung in Köln organisiert, 1978 die 9. Tagung ebenfalls in Köln. Herr Schrudde war von 1977-1979 der Präsident unserer Vereinigung. Während dieser Zeit gab es viele Sitzungen und Diskussionen in der Bundesärztekammer um die Einführung des Teilgebietes Plastische Chirurgie. Er hat außerdem eine immense Arbeit mit der Zusammenstellung der plastisch-chirurgischen Ziffern und Punktbewertungen in der GOÄ und EBM geleistet. Für die Standesfunktionäre war er sicher nicht immer ein angenehmer Gesprächspartner; für die Sache der plastischen Chirurgie hat er sich jedoch immer mit ganzem Herzen eingesetzt. Herr Schrudde wird eine der Säulen der plastischen Chirurgie in Deutschland bleiben. Für sein Engagement in unserer aller Angelegenheit verleiht ihm die Vereinigung die Ehrenmitgliedschaft.“

Quelle: VDPC-Mitteilungsblatt Nummer 6, März 1989