1994 | Dieffenbach-Medaille

Dieffenbach-Medaille Prof. Dr. Jan Olof Strömbeck

Die Dieffenbach-Medaille 1994 wurde Prof. Dr. Jan Olof Strömbeck auf der VDPC-Jahrestagung in Lübeck am 30. September 1994 von VDPC-Präsident Prof. Dr. Edgar Biemer überreicht.

 

„Dieffenbach-Vorlesung vom 30. September 1994 (gekürzt)

„Reduktionsplastik der weiblichen Brust, historische Aspekte und Spätergebnisse“

von Jan Olof Strömbeck, Stockholm, Dieffenbach-Preisträger 1994

 

Ich bin froh, dankbar und stolz und es ist für mich eine große Ehre, die Dieffenbach-Vorlesung zu halten. Ich werde versuchen, die Vorlesung ohne Manuskript in deutsch zu halten. Deutsch und Schwedisch sind zwar verwandte Sprachen, Ihre Grammatik ist aber ziemlich schwierig und ich bitte um Verzeihung, wenn ich mit den Genus und Präpositionen nicht ganz genau bin. Im Hinblick auf die historischen Aspekte werde ich mich nur mit der frühen deutschsprachigen Literatur aufhalten.

1923 hat Kraske die Methode von Lexer beschrieben. 1924 Holländer, 1925 Joseph, 1928 Biesenberger, 1930 Gläsmer und 1930 ebenso Schwarzmann.

Dazu nenne ich meine eigenen Erfahrungen mit der Brustreduktion: Mein Lehrer Dr. Alan Ragnell hatte Biesenbergers Technik verwendet. Da aber anatomische Studien gezeigt hatten, daß nicht nur die medialen Gefäße sondern auch die lateralen von Bedeutung waren, entwickelte er eine Technik, bei welcher ein medialer und ein lateraler Stiel erhalten blieben. Die Operation wurde damals meist in zwei Stufen durchgeführt: Bei der ersten Stufe wurde eine Resektion zwischen den Gefäßstielen und die Transposition der Warze durchgeführt und erst in der zweiten Stufe eine komplettierende Resektion des unteren Teils der Brust. Diese Technik war in meinen Händen nicht ganz ohne Komplikationen, weswegen als Alternative vor allem bei älteren Frauen die Reduktion mit freier Warzentransplantation durchgeführt wurde.

Ich las dann von Wise’s Technik. Diese Technik ist eigentlich recht genial. Um eine große Brust zum Beispiel bis auf eine BH-Größe B zu reduzieren, benutze er einen Büstenhalter namens „Cordelia of Hollywood“. Er zeichnete zunächst dessen Korbgröße auf den Hautmantel, löste die Haut ab, setzte den Korb auf das Brustdrüsengewebe und resezierte alles, was außerhalb des Korbes lag. Ich habe dieses Verfahren ein bißchen gefährlich gefunden und nur bei freier Warzentransplantation verwendet. Ich habe mir dann überlegt, ob es nicht möglich wäre, eine gestielte Transposition der Warze zu machen, ohne die Haut in diesem Bereich abzulösen.

Um eine gute Zirkulation in der Warzen-Drüsenbrücke zu behalten, bewahrte ich einen medialen und einen lateralen Stiel und führte die Hautreduktion im Bereich dieser Drüsenbrücke nur sehr oberflächlich, d.h. im Bereich der Dermis aus. Es zeigte sich, daß es öfter gut ging. Die Operation war sehr einfach und hatte wenig Komplikationen.

Bei kleineren Brüsten habe ich keine obere Resektion gemacht, sondern verschloß nach einer kleineren Unterminierung der Hautränder die Hautkapsel. Wenn man genau darüber nachdenkt, dann habe ich fast dasselbe gemacht wie Lexer. Die Amerikaner sagen ja immer: „If you think you have found a new method just look into the old german literatur and you will see that some german did it 50 years ago.“

Ein Problem zeigte sich hierbei in der Absenkung des Drüsenkörpers, wodurch die Brustwarze zu hoch geriet. Um dieses zu vermeiden, fixierte ich die Drüse auf der Pectoralis-Muskulatur mit Dermisstreifen. Das war aber nicht so erfolgreich. Ich glaube, daß es deswegen günstiger ist, die Position der Brustwarze von Anfang an möglichst weit kaudal zu haben und auch den vertikalen Teil des Hautlappens nur kurz zu halten, um nur eine geringe Dehnung der Haut zu erlauben.

Manchmal, insbesondere bei sehr adipösen Brüsten, konnte die Warzentransposition schwierig werden, was aber durch partielle oder vollständige Teilung des lateralen Stieles erleichtert werden konnte. Mit den Jahren habe ich immer häufiger auf den lateralen Stiel verzichtet und nur noch eine Modifikation mit einem medialen Stiel verwendet.

Ursprünglich war ich nur an einem möglichst komplikationsfreien Verlauf interessiert und habe die Narben als notwendige, aber nicht so wichtige Folge gesehen. Die lange Narbe in der Submammarfalte konnte aber störend werden, vor allem dann, wenn sie medial in der Nähe des Sternums die Tendenz zur Hypertrophie zeigte, wie auch lateralwärts außerhalb der Brust. Dieses kann man durch sorgfältige Planung vermeiden.

Dufourmentel und Moly haben auf die Möglichkeit, nur mit einer lateralen Narbe auszukommen, hingewiesen, wie auch Holländer 1924. Ich habe dann eine Modifikation mit der lateralen Resektion und einer L-förmigen Narbe entwickelt, die sogenannte L-L-Technik.

Ab der Mitte der 70-er Jahre habe ich außerdem versucht, ein anderes Prinzip zu verwenden: Um die äußere, längere Hautstrecke um die Brustwarze herum deren Umfang anzugleichen, habe ich kleine radiäre Exzisionen gemacht, so daß die Narben wie eine von einem Kind gezeichnete Sonne aussahen. Die Spätergebnisse aber waren nicht so gut, und ich habe die meisten dieser Fälle nachoperieren müssen.

Meine persönlichen Erfahrungen mit der Brustreduktion stelle ich hier summarisch dar. Ich habe, um die Ergebnisse beurteilen zu können, Nachuntersuchungen durchgeführt, wozu die Patientinnen auch ein Frageformular ausfüllen mußten. Die meisten sind ziemlich zufrieden. Ich fragte nach den Erwartungen, der Schätzung bzw. Beurteilung des Ergebnisses, nach dem Warzengefühl, nach den Narben und nach der StilIfähigkeit. Das Stillen ist ja die physiologische Funktion der Brust. Viele von meinen Patientinnen haben überhaupt nicht versucht, zu stillen. Man kann jedoch sagen, etwa die Hälfte hat stillen können. Unter den Frauen, die zwei Kinder nach der Operation hatten und zweimal nicht hatten stillen können, hatten alle ein Reduktionsgewicht von mehr als 600 g pro Brust.

Es gibt natürlich viele verschiedene Möglichkeiten, eine Reduktionsplastik auszuführen. Ich habe versucht, meine eigenen Erfahrungen und Entwicklungen zu beschreiben. An sich ist die Brustreduktion eine dankbare Operation mit zufriedenen Patientinnen insbesondere dann, wenn sie realistische Erwartungen haben.“

Quelle: Mitteilungen der VDPC Nummer 2, 2. Jahrgang, März 1995