1997 | Universitäts- und BG-Kliniken

Klinik für Hand-, Plastische & Rekonstruktive Chirurgie / Schwerbrandverletztenzentrum an der BG-Unfallklinik Ludwigshafen

Univ.-Prof. Dr. Günter Germann über die Plastische Chirurgie der BG-Unfallklinik Ludwigshafen und ihr Weg zu einer akademischen Institution:

„Bei meinen Antritt als Chefarzt der Abteilung für Hand, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie – Verbrennungszentrum – am 1. Februar 1993 war die größte Abteilung der Bundesrepublik ohne akademische Anbindung und Ausrichtung.

In den ersten Jahren haben wir mit einem extrem engagierten Team versucht, die riesige Menge an klinischen Daten in Einzelprojekten auszuwerten und so eine Basis für die klinische Forschung zu schaffen. Dabei war auch die, gemeinsam mit anderen Kollegen wie PD. Dr. Steen gestartete, Initiative „Qualitätssicherung in der Verbrennungsmedizin“ (DAV-Register) sehr hilfreich, schärfte sie doch das Bewusstsein der prospektiven Sicherung klinischer Daten, um daraus wissenschaftliche und klinisch relevante Schlüsse ziehen zu können.

1996 erhielt ich einen Ruf an die „Duke University“, um dort die Position des „Chief Div. of Plastic & Hand Surgery“ anzutreten. Die Verhandlungen standen 1997 kurz vor dem erfolgreichen Abschluss, als sich Prof. Dr. Herrfarth, damals Direktor der chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg, bei mir meldete. Ein langjähriger Freund von ihm war zufällig Chairman des „Search Committee“ (Berufungskommission) und wollte von ihm eine Stellungnahme.

Aus einem Telefongespräch mit Herrn Herrfarth entstand bei ihm die Idee, dass mit einer akademischen Anbindung der BG-Unfallklinik an die Universität Heidelberg ein erheblicher Anreiz zum Verbleib in Deutschland geschaffen werden könnte – was auch eintrat. Dieses Modell war wegweisend für weitere BG-Kliniken, noch dazu als erstmals eine akademische Anbindung über die Grenzen der Bundesländer hinweg etabliert wurde.

In Abstimmung mit den zuständigen Gremien der Universität und in vergleichsweise kurzen Verhandlungen mit dem Trägerverein der BG-Kliniken Ludwigshafen und Tübingen wurde die Position eines „Korporationsrechtlich gleichgestellten Honoraprofessors“ mit vollem Stimmrecht in der Fakultät – also ein Äquivalent zur damaligen C 4 Professur – geschaffen. Im Rahmen dieser Entwicklung wurden aus den Abteilungen der BG-Unfallklinik Kliniken, aus den Chefärzten Klinikdirektoren, und Ludwigshafen begann seine „akademische Karriere“.

Durch eingeworbene Drittmittel gelang es, Laborflächen im Otto Meyerhof Zentrum zu mieten und eine Vielzahl experimenteller Projekte, auch in Kooperation mit anderen Kliniken und Instituten der Universitätsklinik Heidelberg, zu initiieren.

Wir haben dann begonnen, eine große Zahl unserer Mitarbeiter zu Studienaufenthalten an die renommiertesten Kliniken und Institute im Bereich der Plastischen Chirurgie zu schicken, darunter: Chang-Gung Memorial Hospital Taipeh, Harvard University-Boston, University of Chicago, SIU, Springfield Illinois, Mayo Clinic, Rochester, UC Stanford, University of Southern California – Los Angeles, Duke University – North Carolina, um nur die bekanntesten Einrichtungen zu nennen.

Insgesamt habe ich heute das Glück und auch die Ehre, neben einer Vielzahl von Doktoranden auf 12 „direkte“ Habilitanden zurückblicken zu können, zu denen noch einige Kollegen kommen, bei denen die Grundlage zur Habilitation oder zur Erlangung ihrer Apl. Professur in ihrer Ludwigshafener Zeit gelegt wurden. Ich habe 1993 mit zwei Oberärzten und sieben Assistenten mit 80 Betten begonnen. Bei meinem Abschied aus Ludwigshafen 2010 verfügte die Klinik über 100 Betten, war immer profitabel, und unser Team zählte 7/8 Oberärzte und 22/23 Assistenten. Eine Vielzahl von Mitarbeitern wechselte in leitende Positionen in anderen Kliniken, auch außerhalb Deutschlands. Mehr als 100 Publikationen entstanden schon in den ersten zehn Jahren akademischer Anbindung, auch in gemeinsamen Arbeiten mit den Gastuniversiäten unserer Mitarbeiter.

Obwohl mit Bochum bereits eine Konstellation bestand, in der mehrere Kliniken, darunter die BG-Klinik Bergmannsheil, zu einem universitären Verbund zusammengeschlossen hatten, haben wir mit diesem Modell absolutes Neuland betreten und waren Vorreiter in einer bis damals doch eher zementierten, verkrusteten Welt der Interaktion zwischen Universitätskliniken und Maximalversorgern, darunter speziell BG-Kliniken. Diesem Modell folgend, wurden viele vergleichbare Konstrukte geschaffen (Marzahn/Greifswald, Tübingen, Halle/Jena, Köln/Herdecke).

Mit meinem Abschied aus Ludwigshafen ergab sich die Situation, dass beide Nachfolger die etablierte Professur übernehmen konnten und wir heute zwei Fachvertreter in Fakultät und Lehre haben (Prof. Germann/Prof. Kneser). Klinisch teilen wir uns die Versorgung unterschiedlicher Kliniken und pflegen eine intensive, freundschaftliche Kommunikation, die nicht nur in gemeinsamen Artikeln endet, sondern 2022 in die gemeinsame Ausrichtung der Jahrestagung der DGPRÄC münden soll.“

 

Quelle: Univ.-Prof. Dr. Günter Germann
Foto: Bgulu, Wikimedia Commons